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Samstag, 23. Januar 2010
14:32 |
Eingestellt von
Do-ku |
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Seit Urzeiten pilgern Menschen aller Herren Länder zu Wahrsagern - getrieben von der Angst vor persönlichem Unglück, aber auch von der Neugier auf die Zukunft. Von den mehr als sechzig Orakelstätten im antiken Griechenland - allesamt Besuchermagneten - genoss Delphi zweifellos den besten Ruf. Als Medium agierte dort die jeweilige Pythia - eine Seherin, die an jedem siebten Tag des Monats, auf einem Dreifuß sitzend, in Trance ihre Sprüche stammelte. Woran lag es, dass die geweihten Frauen nicht klar sprechen konnten? Welche Substanz benebelte sie? Einige von ihnen sollen an ihrem Arbeitsplatz plötzlich in ein Delirium gefallen sein, das manchmal sogar zum Tod der Prophetin führte. Das berichten zeitgenössische Schriftsteller wie Herodot - vor allem aber Plutarch, der selbst als Priester in Delphi wirkte und daher Zugang zum Allerheiligsten hatte. Als einziger Augenzeuge hinterließ er einen schriftlichen Bericht, ein Dokument von unschätzbarem Wert. Der Grieche schreibt, dass wohlriechende Dämpfe - ähnlich denen von Parfüms - durch die Orakelkammer strömten. Ihre Wirkung vergleicht er mit der von Alkohol. Die Ursache dafür, so spekuliert er, könnte “Wärme oder irgend eine andere Kraft” sein. Während einer Großgrabung Ende des 19. Jahrhunderts suchten französische Archäologen in den Ruinen des Apollotempels nach einem “fauchenden Erdspalt”, der Plutarchs Insiderwissen bestätigt hätte. Doch sie fanden nichts. Seither galten die Schilderungen der antiken Autoren als Lügenmärchen, und kein Wissenschaftler ging mehr ihrem Wahrheitsgehalt nach. Bis der amerikanische Geologe Jelle de Boer kürzlich Bohrungen in Delphi vornahm und damit Herodot und Plutarch rehabilitieren konnte. Die Analyse der Gesteinsproben beweist: Die Orakelstätte liegt genau am Schnittpunkt zweier Verwerfungen der Erdkruste. An ihrem Rand steigt Wasser an die Oberfläche, angereichert mit Hydrokarbongasen aus den unterirdischen Bitumendepots.
Der Wissenschaftler fand sogar eine Erdfalte, die exakt in Richtung des Tempels verläuft - der Riss, durch den einst das Wasser-Gas-Gemisch strömte. “Apollons Quelle”, in der Literatur oft erwähnt, floss also direkt vor den Dreifuß der Pythia. Die aufsteigenden Dämpfe enthielten Ethylen, ein süßlich riechendes Gas, das früher bei Narkosen zum Einsatz kam. Damit hat Jelle de Boer Plutarchs “Orakeldroge” gefunden. Delphi, das Mekka der Antike, birgt aber noch andere Geheimnisse. Von den Griechen als Nabel der Welt verehrt, mauserte sich das archaische Heiligtum der Erdmutter Gaia allmählich zur Schaltzentale politischer Macht. Im 8. Jahrhundert v. Chr. dem neuen Lichtgott Apollon geweiht, steuerte Delphi mehr als tausend Jahre lang die Geschicke Griechenlands. Doch sein Schicksal lag nicht - wie lange vermutet - in den Händen berauschter Bauerntöchter. Die Fäden zog eine mächtige Priesterschaft, eine Art CIA der Antike. Unterhielt Delphi einen Spionagering? Offenbar waren Korruption und Intrigen an der Tagesordnung. Eine Inschrift belegt den größten Coup in der Geschichte des geweihten Ortes: Demnach kaufte der Feldherr Themistokles den passenden Orakelspruch, um Athen zur Seemacht aufzurüsten und auf die Schlacht von Salamis im Jahr 480 v.Chr. vorzubereiten. In der Nacht, als die Gesandtschaft des Strategen in Delphi eintraf, sollen die Götterstatuen in Athen Blut geschwitzt haben. Das abgekartete Spiel führte immerhin zum Sieg der Griechen über die Perser. Erst das Christentum beendete Herrschaft und Einfluss der Götter von Delphi und ihrer irdischen Drahtzieher. In aufwändigen Inszenierungen und Dokumentaraufnahmen erzählt der Film die spannende Geschichte rund um die griechische Orakelstätte und gibt Einblick in die Machenschaften hinter den Kulissen. Die verblüffenden Forschungsergebnisse Jelle des Boers rücken die legendären Seherinnen und die antiken Historiker in neues Licht.
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